Wie wir alle wissen, sind die Aufgaben eines Stammeshäuptlings umfangreich und lassen dem wenig beneidenswerten Stammesmitglied, welches in demokratischer Abstimmung (bei der eine Person zur Auswahl stand) für dieses verantwortungsvolle Amt erwählt wurde, nur wenig Freizeit.
Umso erfreuter war Häuptling MVP, als er vom Stammesmitglied Merlin eingeladen wurde, für ein paar Tage in seiner Höhle auf dem Bärenfall zu ruhen und sich seiner Sorgen zumindest vorübergehend zu entledigen. Als jedoch die ersten Brontoburger verspeist und der Brombärwein in Massen – ups, in Maßen natürlich – genossen wurde, eröffnete Merlin, dass er MVP mitnichten aus purem Eigennutz verköstigte. Vielmehr war es erforderlich, dass ohne weitere zeitliche Verzögerung eine wichtige Ratsversammlung abgehalten werden müsse, denn es ginge um das einzige Glück von Merlins Cousin Droopy, genannt der Verrückte. Dieser forderte nun schon seit geraumer Zeit viele Tonnen Rohstoffe und – ist es zu glauben? – sogar einen beträchtlichen Betrag mühstischer Rohstoffe aus dem Stammeslager. „Wozu braucht denn Droopy soviele Rohstoffe?“, fragte MVP. „Er will eine Braut kaufen.“, antwortete Merlin knapp. MVP nickte mit düsterer Mine. Nur zu gut erinnerte er sich an das stürmische Liebeswerben des ehemaligen Stammesmitgliedes Streich, dessen Brautschau schließlich in einen Krieg mündete, der das Leben vieler tapferer Helden des Tals gefordert hatte (https://forum.uga-agga.de/thread/263506 ... den-krieg/). Aufgrund dieser Ereignisse hatte der Rat ein in Stein gemeißeltes und von den Göttern gesegnetes Dekret erlassen, wonach ein Häuptling angewiesen wurde, sich eine Braut innerhalb des eigenen Stammes zu suchen. Da die weiblichen Mitglieder allerdings rar an der Zahl waren, hatte sich ein reger Schwarzmarkthandel entwickelt und die Preise für die jeweilige Auserwählte schossen in astronomische Höhen. Was tut ein Brautwerber unter diesen Umständen? Er nimmt ein Darlehen bei der Talbank auf, veruntreut Stammesrohstoffe oder macht Überstunden. Was passiert aber, wenn die Bank das Darlehen ablehnt, es keine Rohstoffe zum unterschlagen gibt oder Überstunden einfach zu anstrengend sind? Droopy hatte nichts zu veräußern außer seinem reinen Gewissen und dafür bekäme er höchstens Merlins betagte Großmutter zur Braut. Also konnte er nur von der Ratsversammlung die Rohstoffe für die Eheschließung verlangen. Die Versammlung lehnte die Bitte Droopys nach kurzer Bratung ab und zwar aus drei Gründen: 1. Man kauft keine Frau für Rohstoffe. 2. Wir leben nicht mehr in der Altsteinzeit. 3. Hat man so etwas je gehört?
„Ihr könnt mir die Rohstoffe nicht verwehren“, schrie Droopy. „Heiraten ist eine biologische Notwendigkeit. Was ist mit meinen Kindern? Haben diese kein Recht, geboren zu werden?“. Die Situation drohte, zu eskalieren. Droopy bat um das Schlußwort. Er verlange bis morgen Mittag die Rohstoffe, und wenn dafür einige andere Stammesamazonen verkauft werden müssen. Und wenn nicht, dann würde es dem ganzen Stamm noch sehr, sehr leid tun. In die darauffolgende Stille meldete sich MVP zu Wort: „Droopy, bevor du einer Braut würdig bist, ist es deine Aufgabe, dich im Kampf zu beweisen und somit sicherzustellen, dass du deine Zukünftige vor Gefahren bewahren kannst“. Droopy legte für einige Sekunden die Stirn in Falten und nickte dann. MVP fuhr fort: „Es wird Krieg geben mit dem Stamm RdK. Sofern du deine Fähigkeiten dort unter Beweis stellst, sollst du deine Auserwählte heiraten.“ Ein zustimmendes Seufzen breitete sich unter der Ratsversammlung aus, die sich alsbald auflöste. „Schwer ruht das Haupt, das die Krone drückt“, murmelte MVP, als er sich erschöpft auf das Bärenfell sinken ließ. „Aber mit etwas Glück bleiben bei dem Krieg ein paar Amazonen für unseren Stamm hängen.“
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